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Familienpsychologische Gutachten

Was ist darunter zu verstehen?

Das familienrechtspsychologische Gutachten ist ein psychologisches Gutachten, mit dem Ziel, Familiengerichte im juristischen Entscheidungsprozess zu unterstützen. In der Regel geht es um Fragestellungen, die das Kindeswohl betreffen, insbesondere um die Klärung psychologischer Aspekte bezüglich der elterlichen Sorge, des Umgangs des Kindes mit den Eltern oder anderen Personen, Aspekten der Kindeswohlgefährdung und der Einschätzung der Auswirkungen von Risiko- und Schutzbedingungen des Kindes, durch fachkundige Sachverständige.
 

Familiengerichte entscheiden über vielfältige Sachverhalte und bestellen aus den unterschiedlichsten Gründen Sachverständige.
 

Typische rechtliche Fragestellungen

  • Fragen zur elterlichen Sorge bei Trennung und Scheidung §1671 Abs. 1 BGB und bei nicht miteinander verheirateten Eltern ohne Sorgerechtserklärung §1626a BGB, §1671 Abs. 2 BGB

  • Fragen über den Beziehungserhalt des Kindes zum getrennt lebenden Elternteil (Umgangsregelung) §1684 BGB

  • Fragen zu Umgangsregelungen mit Beziehungs- und Bindungspersonen des Kindes §1685 BGB) und mit dem leiblichen, nicht rechtlichen Vater des Kindes (§1686a BGB

  • Fragen zur Kindeswohlgefährdung (z. B. Sorgeentzug der Eltern, Herausnahme bzw. Rückführung eines Kindes §§ 1666 f. BGB; Verbleibensanordnung bei Pflegeeltern §1632 Abs. 4 BGB). Hierunter fallen auch körperliche und seelische Misshandlung, sexueller Missbrauch oder Vernachlässigung, sowie deren Folgen. Zur Abklärung eines Missbrauchsvorwurfs kann eine aussagepsychologische oder rechtsmedizinische Abklärung notwendig sein.

  • Besondere Fragestellungen, wie Verfahren mit internationalem Bezug, Adoption (§1741 BGB und §1748 BGB), Namensänderung (§1618 BGB), Schwangerschaftsabbruch bei Minderjährigen (§1626 BGB und §1666 BGB)
     

Typische psychologische Fragestellungen

  • Beurteilung familiärer Beziehungen und Bindungen; von Ressourcen und Risikofaktoren in der Familie.

  • Beurteilung von Kompetenzen der Eltern/Sorgeberechtigten, ihrer Erziehungsfähigkeit, Kooperationsbereitschaft, Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme, Bindungstoleranz bzw. Bindungsfürsorge.

  • Beurteilung des Entwicklungsstandes, der Bedürfnisse des Kindes, des Kindeswillens, der Kompetenzen und der aktuellen Situation des Kindes, evtl. besonderer Belastungen und Beeinträchtigungen.

  • Diagnostik und Beurteilung fallrelevanter psychischer Störungen und/oder neurologischer Beeinträchtigungen/Erkrankungen und/oder Behinderungen und/oder sonstiger Beeinträchtigungen bei Kindern und/oder Eltern.

Qualifikationen

Die Arbeitsgruppe Familienrechtliche Gutachten 2015 formulierte Anforderungen an die Qualität von Sachverständigengutachten im Kindschaftsrecht.

Die Arbeitsgruppe setzte sich aus Vertretern juristischer, psychologischer und medizinischer Fachverbände, der Bundesrechtsanwalts- und der Bundespsychotherapeutenkammer zusammen und wurde vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz fachlich begleitet. Weitere Standards werden in den Qualitätsstandards für psychologisch-diagnostische Gutachten der deutschen Gesellschaft für Psychologie genannt. Die Empfehlungen stellen jedoch keine rechtsverbindlichen Kriterien dar, sondern dienen lediglich der Transparenz des Gutachtenprozesses.

Sachkunde

Der Sachverständige muss nach §163 Abs. 1 FamFG über eine psychologische, psychotherapeutische, kinder- und jugendpsychiatrische, psychiatrische, ärztliche, pädagogische oder sozialpädagogische Berufsqualifikation verfügen. Zudem müssen sozialpädagogische und pädagogische Fachkräfte eine anerkannte Zusatzqualifikation nachweisen, durch die ausreichende diagnostische und analytische Kenntnisse erworben wurden.

Die Arbeitsgruppe Familienrechtliche Gutachten 2015 empfiehlt, dass nur Personen als Sachverständige bestellt werden sollten, die über ein abgeschlossenes Studium der Psychologie (Diplom/M. Sc.) oder Medizin (Staatsexamen) verfügen und durch Fort- und Weiterbildung entsprechende Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich der Forensik nachweisen können. Die Begutachtung im Kindschaftsrecht erfordert fundierte Kenntnisse in wissenschaftlichem Arbeiten, Testtheorie, klinischer Psychologie und Rechtspsychologie, um die entsprechenden Methoden fachkundig auszuwählen und kritische Schlüsse aus den Ergebnissen zu ziehen. Zudem sind Kenntnisse des Verfahrens- und materiellen Rechts unentbehrlich.

Urheber des Textes Wikipedia®, eine eingetragene Marke der Wikimedia Foundation Inc., weitere Informationen zum Text finden Sie hier. Text wurde unverändert wiedergegeben.

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